Presseaussendung zu Netzsperren

Da unsere Presseaussendung nirgends Erwähnung fand, nun hier:
(einen umfassenderen Beitrag findet ihr unter: https://www.piratenpartei.at/buechse-der-pandora-geoeffnet-piratenpartei-oesterreichs-ruestet-sich-im-kampf-gegen-zensur-im-internet/ )

Büchse der Pandora geöffnet – Piratenpartei rüstet Österreich gegen bevorstehende Zensur des gesamten Internets

Vor einigen Wochen ereignete sich ein Dammbruch: Vom „Verein für Anti-Piraterie“ (VAP) wurde gegen zwei Seiten (kinox.to und movie4k) eine Netzsperre bei den Internet Service Providern (ISPs) – momentan konkret A1, UPC, Tele2 und Drei – durchgesetzt. [1]

Eines Nachweises der Rechtsverletzung bedarf eine Sperranfrage laut der Gerichtsentscheidung derzeit nicht – es reicht die bloße Behauptung der Rechtsverletzung. Das ist eine, für die Öffentlichkeit undokumentierte „Sperre auf Verdacht“.

Netzsperren unterminieren den Rechtsstaat

Diese Vorgangsweise untergräbt den Rechtsstaat, weil nicht mehr Gerichte über die Verletzung von Urheberrechten entscheiden, sondern Private, nämlich die Internet-Provider. Diese werden in die Richterrolle gedrängt [2] und man bürdet ihnen das Risiko eines allfälligen Prozesses auf.

Mit Blick auf Großbritannien, wo schon seit Jahren Netzsperren durchgeführt werden, kann man laut der Vereinigung der Internetprovider in Österreich beobachten, dass mittlerweile bereits fast jede fünfte Internetseite geblockt ist.[3]

Unsere Befürchtung, dass die Errichtung einer solchen Zensur-Infrastruktur zu einem unüberblickbaren „Overblocking“ führt, wurde in Großbritannien bereits bestätigt -nun wurde auch in Österreich die „Büchse der Pandora“ geöffnet.[4] Die derzeitigen Netzsperren sind sauteuer und ineffektiv. Es ist zu befürchten, dass die Sperren bald besser funktionieren und zu politischer Zensur benutzt werden

so Andreas Czák, Netzpolitik-Sprecher der Piratenpartei besorgt.

Bei Veröffentlichung geheimer Verhandlungspapiere zu transnationalen Abkommen (TTIP, CETA etc) oder Leaks wie jenen von Edward Snowden, kann der bloße Vorwurf einer Urheberrechtsverletzung zur Sperre dieser Seiten führen und der Öffentlichkeit demokratiepolitisch wichtige Informationen vorenthalten. [5][6][7]

Selbst das Wissen, wie man derartige Sperren umgehen kann hilft nicht, wenn man von der Existenz einzelner Sperren nichts weiß – es besteht keine Pflicht zur Dokumentation der Sperren. Ob auch politisch missliebige Inhalte gesperrt werden, werden wir nicht erfahren

so Marcus Hohenecker, Vorstand der Piratenpartei.

Die Piratenpartei Österreichs fordert alle im Parlament vertretenen Parteien auf, Netzsperren in Österreich gesetzlich zu verhindern.

Es ist eine demokratische Bankrott-Erklärung, aufgrund wirtschaftlicher Partikularinteressen Meinungs- und Informationsfreiheit zu beschneiden – noch dazu in intransparenter Weise.

so Hohenecker weiter.

Das Urheberrecht ist vermutlich ein bloßer Vorwand zur Zensur des Internet –

Wenn Menschen aufgrund mangelnden Angebots Daten daheim per USB teilen – wird dann auch das Hausrecht ausgehebelt?

fragt Czák überspitzt.

Netzsperren können dem antiquierten Urheberrecht nicht zur Wirksamkeit verhelfen: Einerseits wird die gesperrte Seite nur versteckt und ist für versierte Nutzer weiterhin erreichbar (die Piratenpartei wird ihren Teil dazu beitragen ;)).

Andererseits wird die Tatsache, dass man Daten ohne Verlust vervielfältigen kann, nicht beseitigt. Daten sind ohne Verlust teilbar – egal auf welchem Weg.

Das heutige Urheberrecht ließe sich auch durch eine Komplettzensur des Internets á la China nicht durchsetzen.

so Czák weiter.

Daher ist eine europaweit einheitliche Urheberrechtsreform unumgänglich, um Rechteinhabern in Hinkunft die Ihnen zustehenden finanziellen Mittel zukommen zu lassen, wogegen sich die Rechteinhaberverbände ironischerweise sträuben [8]. Die Piratenpartei fordert daher: „Reform des Urheberrechts statt Netzsperren!“

Piratenpartei hilft die Sperren zu umgehen

Der Verband der österreichischen Musikwirtschaft hat bereits fünf große Internetbetreiber aufgefordert, den Zugang zu weiteren Seiten zu unterbinden, unter anderem thepiratebay.se, isohunt.to usw. [9] Um der Sperre zuvor zu kommen, betreibt die Piratenpartei schon jetzt:

https://bay.piratenpartei.at und https://bucht.piratenpartei.at ,

die ungefilterten Zugang zu PirateBay ermöglichen.

Wir sind gespannt, ob in weiterer Folge auch unsere Seiten gesperrt wird und man nicht nur das freie Internet, sondern auch weitere demokratische Grundsätze vermeintlich finanziellen Interessen opfert. Weil es die Parlamentsparteien bisher nicht geschafft haben, freies Internet gesetzlich zu garantieren, werden wir Piraten aktiv, um technisch und rechtlich die Interessen der Gesellschaft an unzensiertem Internet wahren.

gibt sich Erwin Ernst Steinhammer, Landesvorstand der Piratenpartei kämpferisch.

Streisand-Effekt

In Dänemark wurde die Sperre von PirateBay nach zwei Jahren wieder aufgehoben und gerichtlich festgestellt, dass die Sperren nicht nur wirkungslos sind, sondern die Aufrufzahlen der gesperrten Seiten durch die Sperre sogar gestiegen sind. [10] [11] – der bekannte Streisand-Effekt.


Fußnoten:

[1] https://netzpolitik.org/2014/netzsperren-ab-heute-in-oesterreich-bald-in-ganz-europa/

[2] https://www.ispa.at/presse/presseaussendungen/2014/ogh-urteil-draengt-provider-in-richterrolle/

[3] https://www.ispa.at/presse/presseaussendungen/2014/eugh-urteil-oeffnet-netzsperren-in-oesterreich-tuer-und-tor/

[4] https://www.unwatched.org/20140327_Providerhaftung_EuGH_billigt_Netzsperren?pk_campaign=twun&pk_kwd=20140327

[5] https://netzpolitik.org/2014/mit-copypaste-zum-leistungsschutzrecht-urheberrechtsreform-in-oesterreich/

[6] https://netzpolitik.org/2014/bmi-vs-fragdenstaat-urhberrecht/

[7] https://netzpolitik.org/2014/konferenz-der-informationsfreiheitsbeauftragten-das-urheberrecht-dient-nicht-der-geheimhaltung/

[8] https://juliareda.eu/2014/09/lobbys-ruesten-sich-fuer-verhinderung-der-eu-urheberrechtsreform/

[9] http://www.ifpi.at/?section=news&id=193

[10] https://torrentfreak.com/isps-no-longer-have-to-block-the-pirate-bay-dutch-court-rules-140128/

[11] http://torrentfreak.com/censoring-the-pirate-bay-is-futile-research-shows-130822/

3 Kommentare

  1. 1
    Sandmann Dominik

    Hallo,
    Was gedenkt die Piratenpartei dagegen zu unternehmen (gesetzesentwürfe usw.) und wann?
    Kann ich auch dazu beitragen (onlinepetition)?

  2. 2

    Hallo Dominik es gibt außerdem eine Menge weiterer Dinge die du dagegen unternehmen kannst: Unterstütze Technologien und Tools die

    1. dir ermöglichen alle Inhalte des Internets zu nutzen, indem du sämtliche Sperren umgehen kannst
    2. dir helfen im Internet Privat zu bleiben damit du rechtlich nichts zu befürchten brauchst (z.B. Verschlüsselung)

    Das prominenteste Beispiel ist das Tor-Projekt (https://www.torproject.org/). Nutze es. Damit kannst du übrigens gesperrte Seiten wie kinox.to auch weiterhin besuchen. Im Idealfall betreibe einen Tor-Endknoten und du hilfst der Menschheit – es kann aber sein, dass die Behörden probieren werden etwas gegen dich zu unternehmen.

    Informiere dich nicht nur bei der Piratenpartei sondern auch bei der EFF (https://www.eff.org/). Kläre andere Menschen auf wie sie sich gegen Sperren und Unrecht (in ihrem Land) wehren können.